Ist unser Mittelstand auch in Zukunft der Innovationstreiber?

Interview mit Detlev Kühne, Direktor Mittelstandskunden, Cisco Systems GmbH, Deutschland

„Es ist wichtig, zu beachten, dass durch Digitalisierung getriebene Veränderungen nicht evolutionär verlaufen, sondern in vielen Fällen in disruptiven Sprüngen.“

1. Warum engagieren Sie sich in der Innovation Alliance?

Digitalisierung ist ein extrem weites Feld. In allen Industrien und dort wiederum in allen Fachbereichen, von der Beschaffung über die Produktion bis hin zu Vertrieb, Service und Support, liegen Möglichkeiten, durch Digitalisierung besser zu werden. Dieses Potential können unsere Kunden nur mit Hilfe eines starken „Ökosystems“ ausschöpfen. Nur eine Allianz hat das notwendige Know-how dafür.

2. Welche Erfahrungen haben Sie im Bereich Digitalisierung?

Auf unserer Innovation Alliance Website findet man eine Auswahl an bereits realisierten Digitalisierungsprojekten. Diese liefert einen kleinen praktischen Überblick, was wir über alle Industrien und Fachbereiche hinweg an Projekten umgesetzt haben.

3. Was ist Ihre Zukunftsvision vom Mittelstand 2050?

Unser Mittelstand wird weiterhin der Innovationstreiber für neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle sein. Wie genau diese aussehen werden, kann heute wohl niemand sagen. Wichtige Voraussetzung dafür ist es, in die Zukunft zu investieren und sehr nah an den technologischen Entwicklungen und Möglichkeiten zu sein.

4. Welche Bedeutung hat Digitalisierung Ihrer Einschätzung nach für den deutschen Mittelstand?

Jeder Mittelständler muss sich umfassend mit dem Thema beschäftigen! Die Digitalisierung verändert den Markt, die Gesellschaft und damit alles, was sich in diesem Umfeld bewegt. Es stecken Riesenchancen darin – diese sollte man keinesfalls verpassen.

5. Welche Vorteile können mittelständische Unternehmen aus der Digitalisierung ziehen?

Wenn ich speziell in den Bereich des produzierenden Gewerbes schaue, so gibt es dort tolle umgesetzte Projekte, in denen wir beispielsweise den Support technologisch auf eine neue Qualitätsstufe heben konnten. Auf Basis einer sicheren digitalen Vernetzung von Maschinen können videounterstütze Fernwartungstools messbare Geschäftsvorteile bringen. So konnte zum Beispiel ein marktführendes Unternehmen sowohl die Maschinenstandzeiten als auch die Außeneinsätze der Techniker um 40 Prozent reduzieren und gleichzeitig die Kundenzufriedenheit um zehn Prozentpunkte erhöhen.

Auch das Thema Predictive Maintenance ist omnipräsent. Aus unseren Beobachtungen heraus muss der Großteil der produzierenden Firmen aber erst einmal die Basis für derartige Services schaffen. Über Sensorik lassen sich Daten sammeln, konsolidieren und auswerten. Mittels Algorithmen können schließlich Voraussagen getroffen werden.

Ebenso ist das Arbeiten in firmenübergreifenden Projektteams in fast jeder Firmenbranche und -größe allgegenwärtig. Große Einsparpotenziale sehen wir zum Beispiel bei Reisezeiten und -kosten. Der weit größere Effekt ergibt sich aber vielmehr aus einer besseren und vor allem sichereren Teamarbeit. Einer unserer Kunden in der Elektronikfertigung konnte die Zusammenarbeit seiner weltweit verteilten Entwicklerteams über Video-Collaboration so weit verbessern, dass eine drastische Verkürzung der Produktentwicklungszeiten die Folge war.

6. Welche Schwierigkeiten haben mittelständische Unternehmen Ihrer Erfahrung nach mit der Digitalisierung?

Bei begrenzten Ressourcen ist es eine Frage der Prioritäten, welche Themen angegangen werden. Und unserer Erfahrung nach wird das Thema Digitalisierung noch nicht überall stark genug priorisiert. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die heutigen Geschäftszahlen vieler Mittelständler gut bis hervorragend sind. Es ist wichtig, zu beachten, dass durch Digitalisierung getriebene Veränderungen nicht evolutionär verlaufen, sondern in vielen Fällen in disruptiven Sprüngen. So wird zum Beispiel der 3D-Druck Lieferketten, Logistikprozesse, Ersatzteilherstellung und
-bereitstellung etc. komplett revolutionieren.

7. Gibt es eine goldene Regel, die für die Digitalisierung von mittelständischen Unternehmen gilt? Zum Beispiel wo oder wie man beginnen sollte?

Ja! Klein, mit konkreten Versuchen starten und das sofort!

8. Was wird DAS Thema der Mittelstandsdigitalisierung bis 2021?

Internet of Things (IoT) mit all seinen Ausprägungen ist sicherlich hier zu nennen. Aber auch die Nutzung all dieser Sensordaten mit Hilfe von künstlicher Intelligenz wird weit oben stehen. Begleitet werden all diese Themen durch umfassende Security-Herausforderungen, die von Anbeginn jedes Projektes mit im Fokus stehen müssen. Und generell gilt: was automatisiert werden kann, wird automatisiert.